Internationales Kolloquium am 15. Februar 2017, Zentralinstitut für Kunstgeschichte München
Nationale Identität und deutsch-skandinavischer Kulturaustausch im 19. Jahrhundert
Der künstlerische Ausdruck nationaler Identität vollzieht sich in einem ständigen Wechselspiel zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung. Im 19. Jahrhundert bildete Deutschland für jene Fremd- und Selbstkonstruktionen, die vor allem in den Ländern Dänemark, Norwegen und Schweden zur Herausbildung nationaler Identitäten führten, einen maßgeblichen Referenzrahmen. Diese Entwicklung wurde u.a. getragen von zahlreichen skandinavischen Künstlern, die im 19. Jahrhundert in Deutschland wirkten, und einem wachsenden Interesse deutscher Künstler, Literaten und Architekten für die skandinavischen Länder.
Der „Norden“ bzw. das „Nordische“ stellt das die einzelnen nationalen Narrative übergreifende Topos dar. Wurde dieser in Kunst und Literatur in der Zeit davor vor allem als wild und gefährlich betrachtet, begann sich sein Image mit dem Ende des 18. Jahrhunderts im Kontext der Rousseauschen Naturphilosophie zu wandeln. Damit vollzogen sich die nationalen Identitätskonstruktionen der einzelnen skandinavischen Länder also im Kontext einer Aufwertung des Topos des Nordens. Die kulturelle Definierung der skandinavischen Länder ist also im Spannungsfeld zwischen der Herausbildung einer eigenen Nationalkultur und eines die einzelnen nationalen Narrative übergreifenden „nordischen“ Charakters zu sehen.
Im Rahmen dieses Kolloquiums diskutieren Wissenschaftler_innen aus den USA, Skandinavien und Deutschland aus transnationaler und interdisziplinärer Perspektive das Schaffen von Künstlern und Intellektuellen im Kontext der ideologischen, künstlerischen und politischen Wechselwirkungen zwischen Deutschland und Skandinavien im 19. Jahrhundert.